Hier kommt Teil 2 der Langhaarpflege beim Pferd
Diesmal geht es nur um Äußerlichkeiten. Unsere tolle Gastautorin Katja Hinzberg verät hilfreiche Tipps und Kniffe rund ums Thema Mähnen- und Schweifpflege:
Pflege nicht nur für Barbie-Pferde
Wer eine lange, dichte Mähne und einen ebensolchen Schweif bekommen oder erhalten möchte, kann auch äußerlich Vieles dazu beitragen, weiß Reiter und Friseur-Meister Alexander Ospelkaus aus Engelskirchen, NRW. Da wäre zunächst die Auswahl des richtigen „Werkzeugs“. Und die ist ganz einfach, denn das beste Utensil zur Pflege von Schweif und Mähne sind die Hände des Pferdebesitzers. Die sollten im ersten Arbeitsschritt den Schweif und ggf. auch die Mähne „verlesen“ – Heu- und Strohhalme entfernen, Verkrustungen lösen, Knötchen und Verfilzungen entwirren, und kleine Strähnen abtrennen – quasi wie mit einem sehr, sehr groben Kamm. Diese Vorarbeit gewährleistet, dass die Bürste im nächsten Pflegeschritt nicht übermäßig hängen bleibt und zu viele Haare aus- oder abreißt. ist. Jetzt, zwischen Verlesen und Bürsten, ist die sparsame Verwendung von möglichst silikonfreiem (!) Mähnenpflege-Spray oder –Liquid sinnvoll.
Bürste und Kamm
Zum Bürsten gibt es im Handel spezielle Mähnenbürsten, die über längere, gröbere Borsten verfügen als eine Bürste fürs Fell. Beim Bürsten arbeitet man sich ggf. strähnenweise, auf jeden Fall aber von unten nach oben vor: Man nimmt eine Strähne so in die Hand, dass maximal 30 cm Haare unten aus der fest geschlossenen Faust heraus schauen. Die Faust schützt die Haare nun vor dem Ausreißen an der Wurzel, während man die Haarspitzen gründlich ausbürstet. Kleiner Trick: Wenn man die Schweifhaare dabei auf den Oberschenkel legt, oder die Mähnenhaare an den Pferdehals drückt, kommt man wegen des Gegenpols besser „durch“. Erst wenn man auf diese Weise Partie für Partie gebürstet hat, sollte man in einem Zug vom Haaransatz bis zur Haarspitze die Bürste durchziehen. Und erst wenn dies mühelos gelingt, kommt – wenn überhaupt - der Kamm zum Einsatz. Vorsicht bei Kämmen aus Metall: Oft haben diese scharfe Grate an den Zinken, die die Haare regelrecht der Länge nach aufschneiden. Bei langen, dicken Mähnen bietet es sich an, die Mähne zuerst auf die eine Seite des Halses zu schlagen und dort zu brüsten, und dann auf die andere Seite. Schweif und Mähne täglich auf diese Weise zu pflegen, wäre zu aufwändig und würde außerdem auf Dauer dazu führen, dass zu viele Haare ausgezogen werden. Wartet man jedoch zu lange, bilden sich Verfilzungen, die sich nur schwer lösen lassen. Außerdem ist es sinnvoll, abgestorbene Haare und alten Talg regelmäßig durch Ausbürsten zu entfernen, und dadurch der Haut und dem Haaransatz mehr „Luft“ zu verschaffen. Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür, wie oft diese Langhaarpflege nötig ist: Ein Griff in die Mähne reicht, um beginnende Rastalöckchen als erste Anzeichen für eine Verfilzung zu enttarnen – meist reicht eine Pflege-Aktion 10-14 Tage.
Nützliche Frisuren
Lange Schweife sind optische Highlights. Doch die Länge findet ihre Grenze dort, wo ein Pferd beim Rückwärtsrichten und Absenken der Hinterhand auf seinen Schweif tritt, sich die Haare büschelweise schmerzhaft auszieht oder sogar die Wirbelsäule schädigen kann. Meist ist dieses Längen-Limit etwa in einer Höhe mittig des Fesselkopfes erreicht. Zum Schneiden das Schweifes verwendet man eine große, scharfe Schere, legt den Arm unter die Schweifrübe, so dass der Schweif wie locker getragen herab hängt, streift ihn nun nach unten mit der Hand ab und greift ihn im Ganzen. So kann man den Pferdeschweif schön gerade abschneiden. Lange Mähnen schneidet man nie, indem man die Schere waagerecht hält – die Mähne sieht sonst unschön künstlich abgeschnitten aus. „Puschelfüße“ bei Friesen und Tinkern sollte man übrigens nicht schneiden. Zu lange Haare stoßen sich von selbst beim Laufen ab, und die Fesselbehänge bieten einen guten Schutz – Wasser läuft an ihnen über die Fesselbeuge hinaus ab. Dass „Puschelfüße“ besonders anfällig für Mauke sein sollen, hat andere, meinst stoffwechsel- und futterbedingte Gründe.
Auch das Einflechten der Haare kann neben optischen Effekten einen ganz praktischen Sinn haben: Unter dicken Mähnen entsteht im Sommer oft ein regelrechter Hitzestau, so dass ich die Mähne meines Friesen gern in ein Netz oder bis auf halbe Höhe in dicke Zöpfe flechte. Halbe Höhe deshalb, damit er sich nicht mit den Zöpfen selbst schlägt, wenn er den Kopf schüttelt. Nach dem Waschen lose eingeflochten, erhalten Schweif und Mähne schöne Locken, die auch einige Tage erhalten bleiben. Den Schweif im Sommer zu einem einzigen dicken Zopf zu binden ist bei Weidehaltung jedoch unfair: Bei jedem Schlag nach Insekten schlägt sich das Pferd mit ziemlicher Wucht selbst. Fasst man hingegen nur die unteren Haare an der Schweifrübe oben mit einem Mähnengummi zusammen (siehe Foto), kann man die üblichen Verfilzungen vermeiden, die gern entstehen, wenn die Pferde ihren Schweif ausgiebig zur Insektenabwehr benutzen. Beim Einflechten sollte man darauf achten, die Wicklungen und Windungen nicht zu straff vorzunehmen, sonst könnten die Haare abbrechen. Textile Gummis sind schonender als herkömmliche Mähnengummis, die man übrigens zum Entfernen besser aufreißt oder mit einer Nagelschere auftrennt, anstatt sie über die Haare zu riffeln. Alle paar Tage sollte man Flechtfrisuren öffnen und mit versetzen Strähnen neu flechten, sonst legen sich die Haare am Haaransatz nach rechts oder links, und das Pferd hat Lücken in der Mähne, sobald es seine Haarpracht wieder offen trägt.
Aus Töpfen und Tiegeln
Mähnensprays aus dem Handel sind ein sehr nützlicher Helfer, wenn es darum geht, die volle Haarpracht zu bändigen. Die Bürste gleitet wesentlich leichter durchs Haar und zieht weniger Haare aus. Wichtig ist, dass man das Spray nach dem Auftragen kurz antrocknen lässt – nass ist Langhaar deutlich schwerer zu entwirren. Ein gutes Mähnenspray sorgt außerdem dafür, dass neuer Schmutz nicht ganz so hartnäckig klebt. Verwirrend ist die Bezeichnung „Mähnen- und Fellglanz-Spray“. Denn auf dem Fell hat ein solches Spray nichts verloren. Es bewirkt, dass das Pferdefell wasserdurchlässiger wird und das Tier bei Regen so gut wie ungeschützt ist. In der Sattellage kann das Spray außerdem dazu führen, dass der Sattel so wenig Halt hat, dass ein Aufsitzen unmöglich wird. Eine einzige Ausnahme rechtfertigt den kurzfristigen Einsatz eines solchen Sprays auf dem Fell: Haarbruch, der trotz passendem Sattel während des Fellwechsels meist unter den hinteren Trachten passiert.
Bei Juckreiz, der keine gesundheitliche Ursache hat, z.B. während des Fellwechsels oder erheblicher Insektenbelastung, kann die Massage mit einem guten Haarwasser am Mähnenkamm und an der Schweifrübe hilfreich sein. Sobald die Temperaturen eine Wäsche zulassen, schafft eine pflegende, rückfettende Seife Abhilfe, und befreit die Haut und den Haaransatz von Schuppen, Talg und Staub des Winters. Besonders bewährt haben sich hier die Seifen von joveg®, die es für normale Pflege, Ekzempferde oder mit Parasiten- und Insektenschutz gibt. Viele Pferdehalter verwenden Baby- oder Waffenöl zur Langhaar-Pflege. Der gute Effekt ist jedoch meist nicht von langer Dauer, und das Öl verklebt Haare und Hautporen, und bildet mit dem unvermeidlichen Staub einen klebrigen Schmierfilm, dem nur noch mit Wasser und Seife beizukommen ist.
Fellkraulen ist artgerechtes Verhalten und sollte in keinem Fall unterbunden werden – Fohlen und Ekzemer übertreiben es aber leider manchmal mit dem Appetit auf die Haare des pferdischen Kollegen. Hier schafft neben den handelsüblichen anti-bite-Produkten eine Eigenmischung Abhilfe: Melkfett mit Tabasco (für den Geschmack) und Zitronella-Öl (für den Geruch) mischen und auftragen. Nach einigen Tagen hat der gefräßige Kumpel den Spaß daran verloren, Ihr Pferd anzufressen.
Eitelkeiten?
Wenn all diese Tipps Ihnen und Ihrem Pferd nicht zu einer Traumfrisur verhelfen, trägt ein Blick auf die Ahnentafel oft zur Erklärung bei. Manche Rassen und Zuchtlinien sind bekannt für viel oder wenig Langhaar. Wer sich damit nicht abfinden möchte, für den hält der Markt mittlerweile Verlängerungen und Zusatz-Strähnen in allen Farben bereit, die wie beim Haarverlängerungs-Verfahren bei Menschen, eingeschweißt werden. Vielleicht frage Sie einfach Ihr Pferd, ob es ohne eine solche „Verschönerung“ eventuell von bösen Komplexen geplagt ist…
Die Autorin:
Katja Hinzberg ist Pferdefach-Journalistin. Ihre Beiträge sind sehr gefragt, weil sie praktische Themen leicht verständlich aufbereitet. Dabei recherchiert sie sorgfältig und liefert ihren Lesern breites Fachwissen und viele nützliche Informationen. Katja Hinzberg ist Autorin mehrerer eBooks über Pferde, die bei amazon.de auf den Bestseller-Rängen gehandelt werden. Der Beitrag über Langhaarpflege ist Bestandteil ihres eBooks: Pferdehaltung – Praxiswissen für Freizeitreiter.
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